
Das Telefon klingelt und er ist dran.
Herr Perfektionismus ruft aus dem Sabbatical an.
Viereinhalb Monate hat er es ausgehalten, bevor er mal hören wollte, wie es mir so geht.
Das ist eine unglaubliche Leistung für ihn, vor allem, wenn Du bedenkst, dass er so gar nicht gehen wollte Anfang des Jahres.
Falls Du den Blogartikel zur Vorgeschichte über die Abreise von Herrn Perfektionismus nicht kennst, findest Du ihn hier *klick*.
Herr Perfektionismus reagiert verschnupft
Als ich ihm versichere, dass es mir gut geht und ich wunderbar ohne ihn zurechtkomme, merke ich, dass er ein wenig verschnupft reagiert.
Vielleicht hatte er gehofft, dass ich sein Fehlen stärker spüren würde.
Eventuell hatte er sich sogar ausgemalt, dass ich ihn bitten würde, doch früher aus dem Sabbatical zurückzukommen, sobald er sich meldet.
Doch ich kann wirklich sagen, dass mir seine Expertise nicht gefehlt hat, im Gegenteil.
Ich genieße es richtig, dass er abwesend ist und meine Kreativität stärker sprudelt als jemals zuvor.
Ganz so deutlich formuliere ich es ihm gegenüber nicht, aber da er mich so gut kennt, weiß er auch so, was ich denke.
Er fragt, ob er früher zurückkommen soll
Er sagt, dass er sich schon überlegt hat, sein Sabbatical wegen der Krise zu unterbrechen.
Schließlich sei das eine ganz besondere Situation und da könnte ich seine Unterstützung doch ganz bestimmt gebrauchen?
Ich überlege, allerdings nur kurz.
Mittlerweile habe ich mich so an die freie Arbeit ohne Herrn Perfektionismus gewöhnt, dass ich mir sogar vorstellen könnte, ihn tatsächlich Ende des Jahres in den Ruhestand zu schicken.
Ursprünglich wollte ich das Jahr abwarten, aber mein Entschluss steht schon fest.
Meine Entscheidung steht fest
Es hilft nichts, keine Beschwichtigung kann mein Urteil abschwächen.
Ich entscheide mich dafür, ihm reinen Wein einzuschenken und sage ihm, dass ich bereits eine Entscheidung getroffen habe.
Sicherheitshalber frage ich ihn, ob er sie hören möchte.
Als hätte ich es geahnt, beeilt er sich zu sagen, dass ich doch noch jede Menge Zeit bis Ende des Jahres hätte.
Eine Entscheidung sollte gut überlegt sein.
Außerdem wäre es doch möglich, dass sich aufgrund der Krise noch weitere Änderungen ergeben, die wir jetzt noch gar nicht einschätzen könnten.
Wir verschieben die Verhandlung
Ich verstehe, dass ihm schwant, was ich denke und lasse ihn dieses Mal noch einmal vom Haken.
„Na gut, Sie haben Recht.
Die Situation kann sich ja tatsächlich noch entscheidend verändern.
Dann teile ich Ihnen meine Entscheidung im Dezember mit. Ist Ihnen das recht?“
Er klingt fast verschmitzt, als er antwortet:
„Wusste ich’s doch. Sie brechen keine Entscheidung übers Knie. Dezember reicht völlig!“
Fast fühlt es sich so an, als habe er sein Ziel in unserem Gespräch erreicht.
Vermutlich schätzt er seine Chancen doch höher ein, als ich dachte.
Da kein Grund besteht, diese schwierige Verhandlung jetzt schon zu führen, wünsche ich ihm weiterhin gute Erholung und beende das Gespräch.
Aufgeben ist für ihn keine Option
Mir ist klar geworden, dass Herr Perfektionismus schon etwas von seinem Biss eingebüßt hat.
Allerdings ist er ein Typ, der so schnell nicht aufgibt.
Wahrscheinlich wird er es mir nicht leicht machen, wenn wir die Verhandlungen über seine zukünftigen Aufgaben in meinem Leben aufnehmen.
Jetzt bin ich froh, dass ich noch einige Monate Zeit habe, mir eine gute Aufgabe für ihn auszudenken.
Einen guten Mitarbeiter gebe ich nicht einfach auf
Es wäre schade, wenn ich einen so fähigen und verlässlichen Mitarbeiter komplett gehen lassen würde.
Seine Hartnäckigkeit ist vorbildhaft und ich habe auch schon eine leise Ahnung, in welchem Lebensbereich mit welchem Aufgabengebiet er sich gut aufgehoben fühlen könnte.
Mir fehlt ein Feldwebel, der meine Disziplin hinsichtlich regelmäßiger Bewegung in Schach hält.
Zwar gehe ich fleißig meine 10.000 Schritte pro Tag.
Aber mehr Bewegung, wie zum Beispiel Liegestütz, Klimmzüge oder Stretching wären ein gutes Zusatzprogramm.
Nur konnte ich mich bisher noch nicht dazu aufraffen.
Da wäre ein perfektionistischer Drill sehr hilfreich, allerdings eher hinsichtlich der regelmäßigen Durchführung und nicht so sehr im Hinblick auf eine perfekte Ausführung der Übungen.
Bis Dezember ist noch lange Zeit
Noch habe ich genug Zeit und da meine Kreativität mir viele Ideen beschert, bin ich schon gespannt darauf, wie das zukünftige Arbeitsgebiet von Herrn Perfektionismus aussehen wird.
Wieviel Kontakt hast Du zu Deinem Herrn Perfektionismus?
Ist er ebenfalls in ein Sabbatical gestartet oder schaut er Dir noch jeden Tag über die Schulter und treibt Dich an?
Ich halte Dich auf dem Laufenden, was meinen Herrn Perfektionismus angeht, wenn er sich mal wieder meldet.
Alles Liebe
Claudia