
Wenn wir eine unserer Superkräfte benennen müssten, die uns sofort als Introvertierte verraten würde, wäre es das Nachdenken.
Das Hobby – oder die Veranlagung zum – Nachdenken sieht man zwar den Menschen auf den ersten Blick nicht unbedingt an, allerdings zeigen sich bei dem einen oder der anderen von uns schon eine frühe Neigung zur Entwicklung waagerechten Stirnfurchen.
Siehst Du auch diese querverlaufenden Furchen, wenn Du in den Spiegel schaust? Da hast Du den Beweis!
Weil wir (zu schätzen) wissen, woher diese Art Runzeln stammt, können wir auch gleich unseren Frieden mit ihnen machen und sie als Auszeichnung für lange Denkprozesse annehmen, oder was denkst Du?
Kannst Du Dir einen Tag ohne Nachdenken vorstellen?
Stelle Dir mal so einen Tag vor: Es ist jede Menge Ablenkung vorhanden, also viel Interaktion mit anderen Menschen, kulturelle Angebote mit Theatershows, Galerieeröffnungen, Straßenfeste, Konzerte, Sportveranstaltungen und so weiter.
Angenommen, Deine Aufgabe an einem solchen Tag wäre es, nicht nachzudenken. Du sollst und darfst einfach nur die Eindrücke von außen aufnehmen. Wie lange würde das gut gehen?
Was für Menschen, die auf dem Spektrum zwischen Intro- und Extraversion ganz weit in Richtung Extraversion tendieren, den Himmel auf Erden bedeuten würde, wäre für sehr introvertierte Menschen eher eine Qual.
Ohne Nachdenken geht es für uns einfach nicht und das Schöne daran ist, dass wir diese Veranlagung allermeistens auch zu schätzen wissen. Wir denken gerne nach!
Nachdenken als Sicherheit
Es bedeutet Sicherheit, wenn wir die Zeit haben, etwas zu durchdenken und eine Angelegenheit von allen möglichen Seiten zu beleuchten.
Nachdenken bewahrt uns davor, einfach loszustürmen und uns am Ende in einer Lage wiederzufinden, aus der wir uns vielleicht gar nicht mehr selbst befreien können.
Die Superkraft Nachdenken schützt uns damit vor allen möglichen Situationen, die eventuell eine Gefahr oder zumindest ein Unbehagen für uns darstellen könnten.
Nachdenken als Mittel zur Qualitätskontrolle
Eine weitere angenehme Eigenschaft von Nachdenken ist, dass es wie ein Sieb funktioniert, mit dem die Qualität der Gedanken schon einmal vorgesiebt wird.
Das, was wir dann in Worte fassen und über unseren Mund in die Welt entlassen, hat dann schon eine Art Vorab-Check durchlaufen.
Meistens können wir damit rechnen, dass es Worte sind, die zielführend, abgemildert, wohldosiert, mitfühlend, angenehm temperiert und wertschätzend formuliert sind. Was wir sagen, wird dann oft von unserem Gegenüber als passend und hilfreich empfunden.
Je nach Persönlichkeit können diese Worte auch eine besonders klare, den Nagel auf den Kopf treffende, (zu) ehrliche oder herausfordernde Qualität aufweisen.
Sie sind dennoch wohlüberlegt im Sinne von einer gewissen Logik folgend, auch wenn diese Logik manchmal weh tun kann.
Nachdenken als Vorbereitung
Nachdenken bringt uns auch dazu, uns auf die Aufgaben, vor die wir im Laufe unseres Lebens gestellt werden, gut vorzubereiten.
Gute Vorbereitung hilft bei vielen Angelegenheiten, schon so manche Klippe bereits im Vorfeld zu umschiffen. Natürlich kann längst nicht alles vorgeplant werden.
Wir sind ja als intelligente Lebensform unterwegs, die sich mit vielen weiteren Milliarden von Lebensformen auf dieser Erde durch den Kosmos bewegt.
Allein, dass wir hier auf der Erde gelandet sind und in einem relativ geordneten Chaos zusammenleben, ist ja schon ein Wunder für sich.
Wir denken nach, um zumindest das vorzubereiten, auf das wir einen Einfluss haben und das gibt uns ein Gefühl von relativer Kontrolle, womit wir auch wieder bei einer gefühlten Sicherheit landen.
Jede Superkraft hat auch ihren Schatten und die Superkraft Nachdenken hat einen besonders großen davon im Gepäck:
Der Schatten: Das Zerdenken!
Zerdenken von Ideen, Einfällen, Vorhaben und Plänen hat schon so manchem von uns einen Streich gespielt.
Das Zerdenken hat nämlich die wunderbare Gabe, als Sofortbremse zu wirken. Sobald Du anfängst, Dinge zu zerdenken, bremst Du Dich und Deine Kreativität und Freude abrupt ab.
Deine Ideen und Dein kreativer Flow knallen an eine Wand, die so unüberwindbar scheint, dass es zunächst keinen Weg zu geben scheint, wie Du auf die andere Seite kommen kannst.
Wenn Du merkst, dass es der liebe Schatten Deines Nachdenkens ist, der Dich da gerade ausgebremst hat, gibt es noch Hoffnung. Leider jedoch wirkt das Zerdenken eher wie eine Einladung zu einer unendlich langen Fahrt im Gedankenkarussell.
Achtung: Übergang vom Nach- zum Zerdenken
Gedanken denken, das machst Du gerne und Du bist es gewohnt, permanent über irgendetwas nachzudenken.
Genau deshalb fällt es Dir manchmal schwer, den Übergang zu bemerken.
Auf der einen Seite steht das Nachdenken mit positivem Ausgang, weil Dir tolle Ideen einfallen, die Du umsetzen kannst.
Auf der anderen Seite steht das Zerdenken mit dem An-die-Wand-Knallen. Daran schließt sich oft nahtlos der Einstieg in das sich unendlich drehen wollende Gedankenkarussell an.
Dieser Übergang ist schon schwer genug. Wie Du gar nicht erst einsteigst oder schnellstmöglich aus dem Karussell aussteigen kannst, ehe Dir schlecht wird, schreibe ich ein anderes Mal.
Jetzt ist erstmal folgendes wichtig:
Beobachte, wann Du den Modus wechselst
Dafür kannst Du gar nichts, denn das läuft komplett unbewusst ab.
Beobachte Dich mal in den nächsten Tagen und versuche herauszufinden, wann Du im Nachdenk-Modus bist und wann Du in den Zerdenk-Modus gerätst.
Die Auslöser für das Umschalten sind bei jedem andere. Es hängt zum Beispiel davon ab, wie fit Du Dich gerade fühlst, ob Du ausgeschlafen bist, ob Du unter Stress stehst oder ob es sonstige Trigger gibt, die Dich in die Fahrt mit dem Gedankenkarussell katapultieren, egal ob Du das gerade willst oder nicht.
Identifiziere die Auslöser für das Zerdenken
Es lohnt sich, wenn Du Dich selbst mindestens einen Tag lang beobachtest. Vielleicht schreibst Du auch mal für Dich auf, ob Du in Deinem Tagesablauf bestimmte Situationen, Dinge die Du siehst oder hörst, das Zusammenspiel mit bestimmten Menschen oder Gefühlen identifizieren kannst, die für Dich wie eine unwiderstehliche Einladung für die Fahrt im Gedankenkarussell wirken.
Im Laufe der nächsten Blogartikel komme ich auf dieses Thema zurück. Dann gebe ich Dir auch ein paar Ideen, wie Du die Fahrt im Gedankenkarussell möglichst kurz halten kannst, vielleicht gar nicht erst einsteigst und Dir gute Entgegnungen für die Einladungen des Zerdenkens aneignen kannst.
Alles Liebe
Claudia
Möchtest Du benachrichtigt werden, sobald neue Blogartikel veröffentlicht werden? Dann trage Dich hier für eine wöchentliche Zusammenfassung ein: