Geduld als himmlische Tugend

Geduld

Im 4. Jahrhundert hat der christliche Dichter Prudentius sein Werk Psychomachia verfasst, was so viel wie „Kampf der Seele“ heißt.

Darin kämpfen Tugenden und ihre entgegengesetzten Laster innerhalb der Seele um die Vorherrschaft.

Aus dieser Geschichte stammt die Liste der sogenannten sieben himmlischen Tugenden:

Demut, Mildtätigkeit, Keuschheit, Mäßigung, Wohlwollen, Fleiß und Geduld.

Geduld als Schlüssel

Heute möchte ich mir zusammen mit Dir einmal die Geduld näher anschauen, denn sie spielt für mich im Leben der Menschen eine herausragende Rolle.

Auch die anderen Tugenden sind wichtig, allerdings empfinde ich die Geduld als entscheidend, weil sie einen Schlüssel zu den anderen Tugenden in der Hand zu halten scheint.

Geduld ist aus meiner Sicht den anderen Tugenden vorgeschaltet.

Gäbe es sie nicht, könnten die anderen Tugenden ihre Kraft längst nicht so gut entfalten wie mit ihr.

Geduldig in Beziehungen

Wie wichtig Geduld in Deinem Leben ist, kannst nur Du wissen.

Für mich ist sie Dreh- und Angelpunkt innerhalb meiner Beziehungen, ganz besonders innerhalb meiner Familie.

Als Eltern werden wir jeden Tag neu vor Herausforderungen gestellt, die Geduld von uns verlangen.

Nicht jeder Mensch wird schon mit einer großen Geduldsfähigkeit geboren.

Viele von uns dürfen diese Tugend täglich einüben und lernen, ihr einen angemessenen Platz im Leben zuzugestehen.

Du wirst ein geduldiger Unterstützer

Geduld unterstützt Dich dabei, Deinen Lieben mit mehr Milde, Mäßigkeit und Wohlwollen zu begegnen.

Du lässt sie in ihrem Tempo wachsen, so gut es geht.

Den Spruch „Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.“ kennst Du wahrscheinlich und er drückt genau das aus.

Was gerade uns Eltern schwerfällt, ist die Einsicht, dass jedes Kind seine eigenen Erfahrungen machen darf und sollte.

Manchmal scheint es so viel einfacher zu sein, bestimmte Aufgaben für das Kind zu übernehmen, weil das Ziel dann schneller erreicht wird.

Und genau hier ist unsere Geduld gefragt.

Zorn als Gegenpol

Jeder Mensch hat sein angeborenes, eigenes Tempo und Zeitempfinden.

Das zu akzeptieren ist nicht leicht und lässt gerne die Ungeduld als Gegenpol der Geduld hochsteigen.

In der oben genannten Geschichte von Prudentius ist das Laster, also die Rückseite der „Medaille Geduld“, übrigens der Zorn.

Das drückt sehr schön aus, was mit uns passiert, wenn unsere Geduld am Ende angekommen ist:

Wir werden zornig und neigen dazu, am Gras ziehen zu wollen, obwohl wir genau wissen, dass das nicht hilfreich ist.

In Ausnahmefällen müssen wir unsere Lieben auch einmal antreiben, weil die Bahn sonst weg ist oder wir den Flieger verpassen.

Gradmesser für die Stimmung

Andererseits können wir in solchen Situationen sehr viel über uns lernen.

Wir können daran sehr gut ablesen, wie die Stimmung innerhalb der Beziehung zu diesem Menschen ist, der gerade Geduld von uns verlangt.

Herrscht Wohlwollen und Milde vor, oder drängt sich der Zorn in den Vordergrund und möchte uns dazu verführen, die Beziehung zu schädigen?

Denn das passiert, wenn wir den Zorn zu sehr regieren lassen.

Wir sagen dann eventuell etwas, das diesem Menschen nicht gut tut, sondern ihn verletzt oder ebenfalls zornig werden lässt.

Das Ablehnen der Einladung des Zorns, so richtig loszulegen und Dein Gegenüber in Grund und Boden zu schimpfen, ist nicht leicht.

Geduld mit Dir selbst

Auch hier geht es wieder um das Einüben.

Ein guter Weg dorthin ist, die Geduld mit Dir selbst einzuüben.

Wie oft wirst Du zornig, wenn Du etwas scheinbar nicht schnell genug erledigst, etwas vergisst oder nicht hinbekommst?

Wenn Du mit Dir selbst wohlwollend, mit Milde und Geduld umgehst, wird sich das nach und nach auf Deine Beziehungen zu anderen Menschen auswirken.

Geduld einzuüben und für Dich als himmlische Tugend anzuerkennen birgt die Chance, harmonischere Beziehungen zu Dir und Deinen Lieben zu entwickeln.

Es lohnt sich daher, wenn Du Geduld als Tugend für Dich annimmst.

Vorbildliche Haltung

Das Wort Tugend stammt übrigens vom mittelhochdeutschen „tugent“ ab und bedeutet „Kraft, Macht, [gute] Eigenschaft, Fertigkeit, Vorzüglichkeit“.

Tugend kann also eine gute Eigenschaft oder vorbildliche Haltung sein, die Dich zu wertvollem Handeln befähigt.

Vielleicht hast Du aber ganz andere Prioritäten hinsichtlich Deiner Tugenden.

Schreibe mir gerne einen Kommentar:

Welche Tugend ist für Dich zur Zeit am wichtigsten?

Alles Liebe

Claudia

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