
Bewusstes Denken
Deine Gedanken suchst Du Dir meistens nicht aus. Außer, Du denkst bewusst über eine bestimmte Fragestellung nach.
Dabei kannst Du versuchen, Deinen Gedanken eine Struktur zu geben und sie zu ordnen, was allerdings manchmal nicht gelingt.
Woher die Gedanken stammen, die da so nach und nach in Deinem Bewusstsein nach oben steigen, kannst Du Dir wahrscheinlich auch nicht immer erklären.
Ab und zu wird ein Gedanke durch ein bestimmtes Wort, einen Geruch, ein Geräusch oder ein Bild ausgelöst.
Dann kommt Dir zum Beispiel eine Erinnerung an eine Situation in den Sinn, die schon länger hinter Dir liegt.
Oder Du wirst plötzlich an einen Menschen erinnert, den Du einmal vor vielen Jahren kennengelernt hast, zu dem Du jetzt aber gar keinen Kontakt mehr hast.
Gedanken sind einfach da
Das Interessante ist, dass Du gar nichts tun musst, um Gedanken zu haben, sie sind einfach immer da!
Viel schwieriger ist es, zu versuchen, einmal keine Gedankenwolken an Deinem inneren Bewusstseinshimmel vorbeiziehen zu lassen.
Durch Meditation kannst Du lernen, den Gedankenfluss langsamer fließen zu lassen oder Dich darauf zu konzentrieren, die Gedanken zwar wahrzunehmen, sie aber nur zu beobachten, wie wir das in der Schäfchenzählen-Übung schon versucht haben. ist
Was auch möglich ist und hilfreich sein kann:
Du setzt Deinen Fokus auf die Pausen zwischen den Gedanken.
Du prüfst die Glaubwürdigkeit
Was ich mit all dem sagen will, ist, dass wir wenig Kontrolle darüber haben, welche Gedanken uns gerade besuchen.
Wenn Du davon ausgehst, dass sich Dein Gefühl in diesem Moment auf Basis Deines derzeitig vorherrschenden Gedankenwetters formt, könnte es sich lohnen, wenn Du Dich grundsätzlich fragst, wie sehr Du Deinen Gedanken glaubst.
Es ist besonders hilfreich, wenn Du Dir diese Frage in Situationen stellst, in denen Dich ungute Gedanken heimsuchen.
Wir neigen dazu, generell erst einmal all unseren Gedanken zu glauben.
Bei positiven Gedanken und Gefühlen ist das auch sehr angenehm für uns und daher dürfen wir sie einfach als Geschenk betrachten.
Du hinterfragst ungute Gedanken
Mir geht es hier um Gedanken, die uns dazu bringen, uns schlecht zu fühlen, also zum Beispiel unverstanden, abgelehnt, klein oder wertlos.
Gerade bei diesen unfreundlichen Gedankenbesuchen dürfen wir genauer hinschauen und uns ein paar Fragen stellen.
Solche Fragen können uns dabei helfen, diese Gedanken besser einzuordnen und nicht als Tatsachen wahrzunehmen.
Probiere einmal aus, Dir die folgenden Fragen zu stellen:
1. Stimmt es, was dieser Gedanke und dieses Gefühl Dir gerade signalisiert? Woran merkst Du, dass das, was Du gerade denkst, Deiner Wirklichkeit entspricht? Gibt es unabhängige Beweise, die Dir klar zeigen, dass zum Beispiel Deine schlechte Laune gerechtfertigt ist?
2. Wie ernst kannst Du diesen Gedanken nehmen, aus welcher Quelle speist er sich? Ist er es wert, ernst genommen zu werden, oder basiert er auf Annahmen, die Du einfach ungeprüft als wahr annimmst?
3. Findest Du Anzeichen dafür, dass der Gedanke falsch sein könnte? Könnte er einfach aufgrund einer Aneinanderreihung von Fehlinterpretationen entstanden sein?
Du beobachtest, wie ein Teil von Dir denkt
Sehr hilfreich finde ich auch die Herangehensweise, dass Du Deine Gedanken aus einer Beobachterperspektive anschaust.
Dabei nimmst Du sie so wahr, als würden sie nur das widerspiegeln, was ein Teil von Dir gerade erlebt.
Dann könntest Du den Gedanken anschauen, ihn sogar als wahr annehmen und willkommen heißen, indem Du Dir sagst:
„Aha, ein Teil von mir denkt gerade, dass ich total unkreativ bin und mich überhaupt nicht dazu eigne, gute Texte zu schreiben!“
Diese Idee, dass Du Dir sagst „Ein Teil von mir denkt …“ stammt aus dem Focusing, das von Eugene Gendlin entwickelt wurde.
Ein empfehlenswertes Buch zum Focusing hat eine Schülerin von Herrn Gendlin geschrieben, Ann Weiser Cornell. Es trägt den Titel „Focusing – Der Stimme des Körpers folgen: Anleitungen und Übungen zur Selbsterfahrung“ (hier ist der Link zu Amazon).
Die Beobachterperspektive braucht Übung
Sobald Du annimmst, dass Deine Gedanken von einem Teil von Dir gedacht werden, Du Dich aber gleichzeitig dabei beobachtest, merkst Du, dass Du Dich nicht mehr automatisch mit Deinen Gedanken identifizierst und sie für glaubhaft hältst.
Ich gebe gerne zu, dass es einige Übung braucht, bis Du öfter in der Beobachterperspektive bist, als direkt im Gedankengeschehen. Allerdings ist es sehr lohnenswert, das zu lernen.
Du wirst spüren, dass Du durch den Abstand zwischen Dir und Deinen Gedanken einen größeren Spielraum für bewusstes Antworten auf Deine Gedanken erreichst.
Du wirst weniger reaktiv und bekommst die Chance, Dir klarer darüber zu werden, woher der jeweilige Gedanke kommt und wie Du mit ihm umgehen willst.
Mit der Zeit wird Deine Antwort auf die Frage in der Überschrift vielleicht lauten „Kommt darauf an“ oder sogar „Meistens nicht“.
Ich wünsche Dir viel Freude beim Ausprobieren der Beobachterperspektive!
Alles Liebe
Claudia